Als Europäer ist man oft sehr kritisch gegenüber den Amerikanern bezüglich ihres Umgangs
mit verschiedenen Kulturausprägungen eingestellt, und dies auch oft zu Recht. Aber eines muss man ihnen einräumen: Sie gehen mit viel weniger
Vorbehalten an Dinge heran, und versuchen deshalb nicht von vornherein, eine Einordnung in Kategorien vorzunehmen. Deshalb spielt bei ihnen
der Gegensatz zwischen Hoch- und Trivialliteratur oder auch zwischen ernster und Unterhaltungsmusik nicht so eine große Rolle wie bei den
ach so ordnungsliebenden Deut-sch(sprachig)en. Gut ist, was gefällt. Welche Art von Musik hat Mozart geschaffen? Die Unter-haltungsmusik von
gestern ist die ernste Musik von heute!
Gewisse Parallelen zur Literatur lassen sich nicht verleugnen. SF und andere Spielarten der Phantastik wurden und werden nach wie vor von
einem Großteil der Literaturkritik als Genres der Trivialliteratur gesehen. Deutschlehrer versuchten früher immer wieder, ihren Schützlingen
in ihrem hehren Kampf gegen Schmutz und Schund das Lesen von Schundheften auszutreiben, statt froh darüber zu sein, wenn die Schüler
überhaupt etwas freiwillig lasen und damit mög-licherweise eine Grundlage für Interesse an Anspruchsvollerem legten. Heute ist wahrscheinlich
jeder Lehrer froh, wenn ihre Schüler statt des Smartphones irgendetwas Gedrucktes in die Hand nehmen. Ich selbst habe vor über fünfzig
Jahren im Zug des Wettrennens zwischen Russen und Amerikanern die Science Fiction als meine bevorzugte Art von Literatur entdeckt. Mit
der kompletten Einordnung der Phantastik als Schundliteratur wollte mich nie abfinden. Deswegen versuchte ich, im Deutschunterricht in
meinen Lehrbüchern über Literaturgeschichte Informa-tionen über Autoren zu finden, die Phantastisches verfassten. Da gab es etliche
interessante Einträge bei den Klassikern und Romantikern, die von Goethes Faust über Schillers Geisterseher bis zum Bettelweib von Locarno
von Heinrich von Kleist und einer Reihe von Erzählungen E. T. A. Hoffmanns reichten. Als Science Fiction-Vorläufer bzw. -Klassiker wurden
immerhin Jules Verne und H. G. Wells erwähnt. Das zwanzigste Jahrhundert, in dem die SF zu einem führenden Genre der Unterhaltungsliteratur
heranwuchs, blieb aber so gut wie ausgespart. So machte ich mich auf die Suche nach SF und verwandten Stoffen, die von anerkannten
deutschsprachigen Autor(inn)en publiziert wurden, und bin im Lauf der Jahre auf etliche interessante Beispiele gestoßen. Diese habe
ich für diese Artikelreihe zusammenge-tragen.
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